Am Ende der Endgültigkeit. Friedrich Engels' Kritik des Geltungsanspruches der naturwissenschaftlichen Erkenntnis.

System Und Struktur 3 (1):83-98 (1995)
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Abstract

Soweit Engels' Position zum Geltungsanspruch der Naturwissenschaften seiner Zeit aus diesen Texten hervorgeht, kann man sie kaum als konsistent bezeichnen. Erkenntnisse, an deren Gewissheit in der Naturforschung der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht ernsthaft gezweifelt wurde, werden von ihm teils umstandslos übernommen, teils aber auch einer geltungskrltischen Analyse unterzogen. In weitgehender Unahängigkeit von seinen weltanschaulichen Ambitionen kommt Engels über die Untersuchung der Struktur naturwissenschaftlicher Erkenntnisprozesse zu einer bisher erst wenig beachteten und seiner Zeit vorauseilenden Einsicht in die relativen Geltungsbedingungen des experimentell erzeugten Wissens. Die widersprüchliche Form,in der er seine heute noch sehr aktuelle Kritik am Wahrheitsanspruch der Naturwissenschaften vorträgt, ist der damaligen Umbruchssituation dieser Disziplinen geschuldet und gibt seinem Werk ein hohes Mass an Authentizität. In Anlehnung an Engels' Klassifizierung der Wissenschaften sollen hier die wichtigsten geltungskritischen Ansätze rekonstruiert werden. In dieser Perspektive, die seine Skepsis gegenüber den naturwissenschaftlichen Erkenntnisleistungen hervortreten lässt, erscheint die von ihm behauptete ausgezeichnete Geltung der Dialektik in einem neuen Licht: Sie ist nicht mehr die immer schon vorausgesetzte Grundannahme seiner wissenschafts- und naturtheoretischen Auffassungen, sondern Reaktion auf einen Relativismus, der aus der Reflexion über die Entwicklung der Naturforschung unabweisbar zu folgen scheint und jedes Streben nach einem wissenschaftlich fundierten, einheitlichen Naturbild zunichte macht.

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Gregor Schiemann
University of Wuppertal

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